Meine bessere Hälfte reichte vor einiger Zeit einmal eine Geschichte an mich weiter, die in einer Vorlesung von einem Professor erzählt wurde. Er berichtete von einer Herde Schafe, die aufgrund einer genetischen Prädisposition wohl eine Form von Kataplexie hat. So ein „erregungsbedingter kurzzeitiger Verlust des Muskeltonus“ ist bestimmt keine angenehme Sache, auch für Schafe. Noch dazu, weil diese spezielle Herde laut Prof an einer dafür denkbar ungünstigen Stelle gehalten werden.

Seine Erzählung der örtlichen Begebenheiten ihrer Haltung malte ein kurioses Bild. Besagte Tiere weiden auf einem Feld, das nah an einer Bahnstrecke gelegen ist. Daher kommt in unregelmäßigen Abständen ein Schnellzug vorbeigerauscht. Das sich ergebende Bild gestaltet sich dann immer wie folgt: Zug kommt — Schafe fallen allesamt wie naße Säcke auf den Boden. Nach einigen Sekunden rappeln diese sich wieder auf. Und das bei jedem Zug, jedes Mal.

Nun gibt es auch Ziegen, deren gesamte Herde eine Form von Mytonie hat. Deren Muskeln versteifen sich bei Schock und Erregung (YouTube), was dazu führt, dass sie entweder wie versteinert stehen bleiben oder beim Versuch einer Flucht mit steifen Beinen zur Seite oder nach vorne umkippen.

Und diese Art mit ihrer genetischen Prädisposition ist nicht mehr nur eine Laune der Natur. Die Tiere wurden und werden extra gezüchtet. Früher wurden sie als Opfertiere in Schafsherden untergebracht. Heute eignen sie sich für die Züchter, weil sie wohl einfacher zu halten sind und — obwohl kleiner als sonstige Ziegen — spezielle Zuchtarten in Relation mehr Fleisch liefern können — sofern sie für die Fleischproduktion bestimmt sein sollten. Und da erschlug mich die beißende Ironie. Wir Menschen züchten bewusst eine Art, die bei Gefahr in Verzug wie gelähmt an Ort und Stelle verweilt und alles Folgende über sich ergehen lassen muss. Die Evolution ist vorbei, wir sind nun Schöpfer. Und wir schaffen alles in unserem Ebenbilde.