auch schlafen ist eine form der kritik

Kurz angerissen: Over there…

Man kann von dem ganzen Change-Geblubber Obamas halten, was man will. Seine Rede auf der DNC letzte Woche, anlässlich der offiziellen Nominierungen (Obama/Biden), könnte man jedenfalls dahingehend ebenso auseinandernehmen. Was die Rede aber ausmacht: nach langer, langer Zeit wieder mal eine Reaktion von Seiten der Demokraten, die vor lauter republikanischer Rhetorik nicht den Schwanz einzieht, defensiv beschwichtigt, sondern diese offensiv angeht. So offensiv, wie das eben in der Mainstream-Politik möglich ist. In der Rede greift Obama gekonnt die Dinge auf, die ihm von republikanischer Seite zuvor entgegengeworfen wurden und hangelt sich anhand dieser entlang. Dabei wird McCain direkt angegangen, ohne ihn direkt anzugehen. So knüppelt man verbal und im Rahmen der Möglichkeiten einen alten Mann nieder.

John McCain likes to say that he’ll follow bin Laden to the Gates of Hell – but he won’t even go to the cave where he lives.

Da knirscht man ob der bisweilen durchgängig-dumpfen Rhetorik zwar häufig dermaßen stark mit den Zähnen (und man sollte die Rede wirklich nicht mehrmals lesen und durchgehen…), aber anders geht das im politischen Flohzirkus wohl nicht mehr. Acht Jahre haben sich die Demokraten vom republikanischen Bully die Lunchbox klauen lassen und diesem hinterher dafür fast noch Glückwünsche zugerufen, dass man zähneknirschend doch zugeben muss: höchste Zeit, Leute.

Noch gute zwei Monate bis zur Wahl, wird der Flohzirkus nun also noch wilder außer Kontrolle geraten. Die nächsten Tage wird das gleiche Spiel auf der RNC mit den Nominierungen (McCain/Palin) gespielt und man weiß nicht so genau, ob die Vize-Nominierung Palins ein in der Situation kluger Schachzug oder doch nur lächerlich ist. Wahrscheinlich beides.

In der Schlammschlacht des Flohzirkus werden die Frauen nun prominent und passend ins rechte Licht gerückt. Die Leute wollen keine Politik, sie wollen Geschichten, von daher ist Palin eine wohlbedachte Wahl. Wen kümmert schon ihre augenscheinliche Unerfahrenheit bei ihrem Hintergrund: sie hat ihren highschool sweetheart geheiratet, sie ist fünffache Mutter, eines ihrer Kinder hat Trisomie 21, der älteste Sohn ist Infanterist, beginnt am, auf der Zunge zergehen lassen, 11. September eine Tour im Irak– What’s not to like?! Und das von eigentlicher Politik entfernte Schauspiel ging gestern weiter. Cindy McCain zeigte sich in einer ABC-Show empört darüber, dass Obama in seiner Rede und zuvor seine Kampagne ihrem Ehemann eine bodenständige und realitätsnahe Perspektive absprach. Davon fühlte sie sich zutiefst angegriffen.

Und so funktioniert Politik heute, in allen Lagern. „Das ist meine Perspektive, das ist meine Welt.“ Da ist es in bestimmten Situationen in Ordnung, ja gar Usus, dass der Gegner persönlich angegangen wird. Man kann anführen, er oder ihm Vertraute seien unpatriotisch, man kann ihn unter der Hand mit anderen Feindbildern gleichsetzen lassen, man kann ihm die am weitesten hergeholten Dinge vorwerfen– aber wenn es einen selbst betrifft, eben den eigenen Reichtum, nein, davon ausgehend darf man keine Vermutungen und Zweifel äußern. Und das kann man dann auch nicht einfach so an sich abprallen lassen, weil man es eben in der Politik gewöhnt sein sollte. Das geht einfach viel zu weit und man muss als gewollt-zukünftige First Lady einmal auf den Tisch hauen und den getroffenen Hund spielen. Und man kann sich fragen, inwiefern da ein Zusammenhang besteht, die Ehefrau zur Stimme zu machen, nach der Nominierung Palins.

Das werden „schöne“ Monate werden. Auf beiden Seiten.


Eine Antwort

  1. Pingback

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert