auch schlafen ist eine form der kritik

Wahlkampfblüten (5)

Gestern wurde der Rathausplatz hier im Zuge des Wahlkampfes wieder einmal belagert. Diesmal plärrte die Linkspartei der Menge entgegen. Genauer gesagt: Fritz Ludwig, Brigitte Stelze und als Krönung der Oskar höchstpersönlich.

Die Aussagen: „Schaut euch an, was die falsch gemacht haben. Sozial sind nur wir. Mit uns geht’s euch besser. Ach, und hört nicht auf die Kritik der anderen – wir wissen ganz genau, wie wir unsere Pläne finanzieren können. Vertraut uns.“ Das sagte der Fritz, die Brigitte und natürlich auch der Oskar ständig. Aber nur beim Oskar wollte das Publikum laut klatschen und „Oskar! Oskar!“ rufen. Ziemlich unfair, oder? Dabei war zum Beispiel Fritz Ludwig doch „einer von ihnen“, wie er ständig und mit Nachdruck betonte. Er wäre „kein Akademiker, nur ein gelernter Maurer“. Dieses „Ich bin doch so wie ihr (…auch wenn ich hier oben stehe.)“ musste er dann auch ständig überbetonen – und das darf man ruhig wörtlich nehmen. Das Mikro hat er zumindest während seiner Brüllerei Rede fast verschluckt. Den Leuten scheint’s aber gefallen zu haben. Kein Wunder, die Reden waren ja genau auf’s Zielpublikum zugeschnitten und wenn der Redner selbst felsenfest an die Polemik, die er da verbreitet, glaubt, umso besser. Wer braucht schon „akademischen“ Verstand?

Apropos: Die Kasper oben auf der Bühne mal beiseite gelassen, war das Publikum herrlich. Ich laufe bei solchen Veranstaltung ja viel lieber durch die Menge und beobachte diese, als das Geschehen auf der Bühne vorm Mikro mitzuverfolgen. Da war alles vertreten: Das normale Linkspublikum, ein feiner Herr mit Golduhr und feinstem Anzug, die Idealisten (sowohl nur mit WASG-Shirt als auch die „zivil“-gekleideten Blättchenverteiler), die Skeptiker (allerdings ziemlich weit hinten) und die – nun, wie formuliert man sowas diplomatisch? … Ach, egal – etwas einfacher gestrickten Leute. Die fanden dann zB. auch die tollen Gesangsdarbietungen eines Bielefelder Musikers und WASG-Anhängers total lustig. Der textete Sachen parteigerecht um, so zum Beispiel „Hänsel und Gretel“ in „Gerhardt und Oskar“. Da haben die Leute vielleicht gelacht. Ha. Ha.

Es gab aber auch die besonderen, leider viel zu selten bemerkten, Zuschauer im Publikum. So hatte 3 Meter neben mir ein Obdachloser seine Tüten aufgeschlagen und quatschte jeden an, der es nicht wollte. Da erzählte er dann vom Schröderbesuch, seiner Meinung über alle Parteien und dass es sowieso bergab gehen würde mit der Demokratie und dem Staate. Die Angesprochenen sind dann meist nach ein paar Sätzen mit Hilfe irgendeiner Ausrede geflohen, haben sich eine andere Position gesucht und weiter den Leuten auf der Bühne gelauscht. Gut, der Penner war nicht so hübsch anzusehen, aber mit polemischer Denunziation hat er sich trotz allem zurückgehalten, soweit ich das hören konnte. Na, ob das nicht ein schlechter Tausch für die Leute war? Aber wer unbedingt immer aufschauen will…


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