auch schlafen ist eine form der kritik

Unzählige vergangene Tentakel

Day of the Tentacle

In Phasen angedeuteter Selbstreflexion schwelgen. Hin und wieder. Kennt man vielleicht. Nachdem ich mir dabei eventuell die ein oder andere Frage an die innere Stirn geklatscht und anschließend auf irgendein Echo gewartet habe, komme ich dann immer per Abkürzung und Faulheit zu dem Schluß:

Du bist sicherlich vieles wenig, aber manches bestimmt nicht. Patriotisch. Oder konservativ. Oder beispielsweise gar Nostalgiker. Warum solltest du auch? Gerade Traditionen müssen beobachtet und beständig neu bewertet werden. Lorbeeren und das Ausruhen auf ihnen — schmeckt dem gefühlt aufgeklärten Verstande nicht. Und worin liegt dann Sinn und Zweck, der vergangener Gegenwart diesen Platz einzuräumen? Also nein, Nostalgiker, sage ich ich dann immer zur mir selbst, bist du bestimmt nicht.

Das ist, so absolut gesprochen, natürlich reflektorische Illusion und ein Kurzschluß gleich noch dazu. Natürlich blicke ich hin und wieder zurück. Wäre ja auch langweilig, dieser ewig starr-vorwärtsgerichtete Blick. Und es gibt viel Vergangenes, dass auf die ein oder andere Weise bewahrt werden sollte, bewahrt werden muss. Aber nostalgisch sein, im Sinne einer schmerzlichen Sehnsucht oder Wehmut? Eher nicht, stattdessen höchstens grenzwertig.

Nostalgie jedenfalls — ob nun per meiner oder einer anderen Definition — ist als Kind des Informationszeitalters eine kuriose kleine Schlampe. So könnte ich denn nicht, selbst wenn ich es wollte, anhand eigener gelebter Vergangenheit irgendeine naturdurchdrungene Jugendreminiszenz kritzeln. Nein, kaltes Metall, Pixel und Bits & Bytes würden sie in meiner Variante ersetzen. „Stand by me“ hätte es bei mir nie gegeben, hätte es ohne größere Anstrengungen meinerseits nie geben können. Und auch wenn jene Variante nichts mit klassisch-romantisierten Erinnerungen gemein zu haben scheint, sie ist nicht minder reich an Kraft. Wenigstens für mich. Darauf ließe ich nichts kommen.

Mindestens einen Vorteil hat es schließlich, so ein Kind (gewesen) zu sein: man kann wieder in die Erinnerungen eintauchen, sie erneut unter veränderten Augen betrachten und wieder erleben. Das ist letztlich, auch wenn es aus jener romantischen Sphäre heraus abscheulich klingen mag, eine wunderbare Sache. Besonders dann, wenn man nicht die Unart besitzt, die eigenen Erinnerungen direkt von nun aktualisierten Eindrücken beeinflußen zu lassen. Vielleicht ist es gerade dieser scheinbar technische Aspekte, der beim Ablegen dieser Methode hilft. Unvoreingenommenes Eintauchen noch nach Jahrzehnten.

Das fällt bei der Erinnerung ans Herumstrolchen am Flußbett mit all den Sinneseindrücken nach dieser Zeitspanne bedeuteten schwerer, wenn der Fluß bereits ausgetrocknet und zu einer Aushilfs-Müllhalde umfunktioniert worden ist, nicht wahr?


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