auch schlafen ist eine form der kritik

Werbekultur

Zehn Jahre Kulturstaatsminister, solch eine runde Zahl muss anscheinend gebührend gefeiert werden, in Berlin. Bundeskanzlerin Merkel ist zugegen und merkelt denn sogleich feierlich um sich:

„‚Kunst und Kultur sind die unerlässlichen geistigen Grundlagen unseres Landes‘, sagte Merkel im Martin-Gropius-Bau. Die Kanzlerin bezeichnete die Kultur zudem als „‚einigendes Band für unser Deutschland’“.

Zehn Jahre Kulturstaatsminister (netzeitung)

Das steht in seinem grenzenlosen Tiefgang dem Motto „Im Bund mit der Kultur“ nicht sonderlich nach. Anstatt es nun aber bei dieser der Veranstaltung so angemessenen Phrasendrescherei zu belassen und sie so aalglatt wie möglich zu absolvieren, setzt Merkel noch nach.

„‚Medien sind Ausdruck kultureller Entwicklung‘, betonte Merkel. Dabei hob sie die Nationale Initiative Printmedien hervor, mit der die Bundesregierung seit April bei Kindern und Jugendlichen für die Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften wirbt. ‚Neben der Kompetenz, mit dem Internet umzugehen, darf das Lesen nicht verlernt werden’“

Sieht man einmal von letzerem Zitat ab – vielleicht erklärt jemand Frau Merkel bei Gelegenheit einfach, dass im Internet noch Sachen neben YouTube und Co. existieren – kann man den Wert und die von den Verantwortlichen angelegte Definitionsschablone der „Kultur“ schon daran nachzeichnen: Gelobt wird die „Nationale Initiative Printmedien“. Wirklich? Dieser Zusammenschluß von hiesigen Verlegern, welche mittels jener Kampagne im Prinzip nur für die eigenen Publikationen sowie Gewinne und gegen die sinkenden Auflagen selbiger und Verlusten ins Feld ziehen. Das ist in Sachen Kulturleistung und –entwicklung also die Messlatte. Das alte suggerierte Mantra– Gemeingut darf und soll stets nur von wenigen verwaltet werden.

Kultur bedeutet Entwicklung und Entwicklung baut zwangsläufig auf Existierendem auf. Die alttägliche Menge dessen, was Kultur unter anderem ausmacht, ist schlichte Bearbeitung, Verbreitung und auch simpler Genuß von dem, was existiert. Das hat kein Privileg zu sein, sondern das Recht jedes Einzelnen. Der digitale Lebensbereich, in welchem sich inzwischen zwangsläufig ein Großteil eben dessen (glücklicherweise einfacher) vollzieht, wird aber von Lobbyisten und mit der Hilfe genau jener Leute behindert, die jetzt da oben stehen, sich selbst anbiedern und meinen, uns über Kultur und Kunst erleuchten zu müssen. Es geht ihnen nur um den Wert von Kultur und den ganz simplen Kulturbetrieb. Von Kultur haben sie keine Ahnung.


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