auch schlafen ist eine form der kritik

10 Fragen beantworten. 10 andere Fragen weiter fragen.

Da kam ein Blogstöckchen von ben_ geflogen und traf mich am Hinterkopf.
10 Fragen beantworten und anschließend 10 neue ausdenken und an ebenso viele Leute in guter Kettenbrieftradition weiterreichen? Gut, ausnahmsweise antworte ich – weil es von der anmut und demut kommt.

1. Welcher Deiner Blogbeiträge hat Dir etwas Mut abverlangt, ihn zu veröffentlichen?

Direkt keiner. Was geschrieben werden will (aber um Himmels Willen nicht müsste oder sollte), wird eben geschrieben und in den Äther gepustet. Ich zögere meist jedoch paradoxerweise gerade bei Einträgen die ich selbst unter „Egoist“ subsumieren würde. Mitteilungsbedürfnis vs. pseudo-Demut und so.

Wie man sieht, gewinnt das Mitteilungsbedürfnis viel zu oft.

2. Alles in allem: Was hälst Du von der Einrichtung der Welt, des Universums als Ganzem und der Menschheit und ihrer gesamten Geschichte darinnen?

Von der Welt habe ich nicht so viel gesehen.
Vom Universum so gut wie gar nichts.

Von Menschen habe ich ein bisschen was mitbekommen. Von der Menschheit und ihrer Geschichte nur ein wenig aus Büchern.
Da schwanke ich zwischen Abscheu und Faszination, zwischen Verzweiflung und Hoffnung.
Aber witzig sind wir schon.

3. Was ist Dein Lieblingstier, und warum?

Das Faultier. Weil. Kchkch.

4. Was ist das Beste, was Blogs sein können?

Kleine menschliche Momentaufnahmen, kurze Einblicke in persönliche Erfahrungen, die gerade dadurch mehr wert sind, als vieles andere auf gängigeren Kanälen.

5. Was würde Bloggen für Dich viel einfacher machen?

Zuerst würde es wohl hilfreich sein, überhaupt etwas zu erleben, dass irgendwie im Unterbewusstsein zu Niedergeschriebenem umgewandelt wird oder dazu anregt.
Was das Schreiben seit einiger Zeit erschwert, ist eher das Tauziehen zwischen einer klaren, deutlichen Meinung und dem Wunsch und der Furcht gerade nicht so versteift zu sein und differenzieren zu wollen.

Desweiteren erscheint es mit fortschreitendem Alter immer sinnloser, sich über den alltäglichen Wahnsinn schriftlich zu echauffieren. Das wäre ansich nicht schlimm (ich liebe Sinnlosigkeit!), aber der verbissene Charakter, der das früher zu seinen Gunsten entschieden hat, wird mit jedem Jahr ein bisschen zahmer. Schrecklich.

6. Welchen Schriftsteller oder welche Schriftstellerin verehrst Du für seine/ihre Sprache?

Verehren ist zu hoch gegriffen.
Thomas Manns Sprache weiß ich jedoch zu genießen und zu schätzen. Und das wahrscheinlich mehr, als ich sollte.
Daher: Thomas Mann, ja.

7. Wenn Du eine Roman- oder Film-Figur seien müsstest, welche wärst Du gerne?

Keine. Solche Figuren haben den Nachteil, dass sie tief in einem Narrativ stecken, sich ein Plot um ihre Person dreht. Sie sind der Mittelpunkt ihrer Welt. Das mag zwar spannend sein und einem Bedeutsamkeit suggerieren, ich stelle es mir aber anstrengend vor.

Das Leben ist in seiner unbedeutend-bedeutsamen Art, so wie es 99,9% der Menschen leben, doch letzten Endes ganz okay.

Ich will also im Wesentlichen meine Ruhe haben. Ich glaube, dass bevorzuge ich.

8. Was nervt Dich am meisten an Deiner Blogsoftware?

Gar nichts. Und sollte mich doch mal etwas nerven, dann wird das eben (kurzer- oder eher langerhand) umgekrempelt. Das ist das Schöne an einem eigenen „System„.

9. Magst Du von von einem romantischen, idealistischen, ergreifenden oder einfach nur besonders schönen Moment berichten, den Du im Netz erlebt hast?

Nun, egal wie der momentane Zustand des Netzes auch sein mag, in erster Linie bin ich dem Netz dankbar für den Umstand, meine besserbeste Hälfte darüber kennengelernt zu haben. Das ist nun über 10 Jahre her. Eine Ewigkeit in Internetzeit. Da hat mir das Netz also indirekt viele schöne Momente gebracht.

Abseits von persönlichen, mich direkt betreffenden Sachen, war wohl „Days with my Father“ von Phillip Toledano in den letzten Jahren eine der Seiten, die mich abgeholt, mitgenommen und beeindruckt haben. Eine zutiefst menschliche Seite.

10. Was ist – Deiner bescheidenen Meinung nach – der größte Fortschritt, die größte Verbesserung innerhalb der Menschheitsgeschichte?

Ich habe den starken Verdacht, dass wir Menschlein vom Wesen und Charakterzügen her eher mehr oder weniger ruhige oder auch mal heftigere Kreise ziehen. Daher wäre der Fortschritt in technologischer Hinsicht zu verorten.

Ich schwanke zwischen Abwassersystem und Toilettenpapier. Aber irgendwo in dem Bereich würde ich es wohl so oder so verorten.

Und nun?

Darauf 10 neue Fragen zu stellen und an 10 Leute weiterzureichen verzichte ich an dieser Stelle (kenne ich überhaupt 10 Blogs?), weil ich dann die Fragen an meine üblichen Verdächtigen zurückstellen würde. Man möge es mir nachsehen, dass ich einer ad infinitum Schleife vorbeugen möchte.


2 Antworten

  1. [..] Mitteilungsbedürfnis vs. pseudo-Demut

    genau so ist das. wir haben keine ahnung, ob wir was zu sagen haben, ist alles so normal, so klein, so unwichtig … wie wir selbst … und sagen es „graadselätz“ (saarländisch, nicht direkt übersetzbar, irgendwie „jetzt erst recht“ mit einem unterton von „ihr könnt mir alle mal den buckel runterrutschen“)

    ist wahrscheinlich unser größter irrtum, uns selbst so zu unterschätzen.

    fällt mir halt gerade so ein, weil ich z.zt. damit befasst bin, die szene, in der ich die besten jahre verbrachte, ausfühlich auf zwei tumblr.blogs und meinem eigenen abzufeiern, was ich seit 20 jahren schon tun sollte und … naja, unser comic-zeichner nennt sich zb. „e. garkäna“ (eh niemand besonderes) … immer hoffte, jemand anderes macht es, der noch mehr zu sagen hat als ich.

    aus dem ort, aus dem ich komme, stammt auch die band „gäa“, die von ihrer zweiten lp „auf der bahn zum uranus“ 3000 exemplare verkaufte und dann den rest und die mastertapes aus frust auf den müll warf. heute ist die platte weltweit bekannt, wird für unsummen gehandelt …

    e. garkäna meinte am wochenende: „vielleicht setzen wir einfach auf den gäa-effekt“

    sprich: auch wenn wir uns für unwichtig halten mit unserem geschreibsel – was wissen wir, wer uns mal versteht und schätzt 😉

    also: nieder mit der pseudo-demut, dieser deutschen unart!

    grüße aus der garage

  2. Sehr sehr schön! Ich bin fast am überlegen, aus allen Antworten auf meine Fragen noch ein Best-Of zu machen. Das ganze Spektrum ist wirklich schön, hell und schön, blendend schön.

    Danke!

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