All so läuft nihil hier bereits 3 Monate. In dieser Zeit erblickten gut 30 minderwertige Einträge darin und dadurch das Licht der Welt. Ein paar Beobachtungen, Erfahrungen und (natürlich viel zu kurz greifende) Reflexionen zum eventuell veränderten Prozess.
Nötig war, nötig ist
Für die textliche Befütterung nihils benutze ich unter Windows Notepad++ mit NppFTP-Erweiterung. Auch weil die Funktionalität der Erweiterung begrenzt ist, schaufelt ein separater FTP-Client wie eh und je Bilder nach oben. Unter Ubuntu findet gedit nebst gemountetem FTP Verwendung. Der Browser ist aus dem Schreibprozesses verschwunden. Im Akt des Publizierens spielt er höchstens noch für ein Preview eine Rolle.
Texteditor gegen Browser also. Rückwärts nach vorn, irgendwie. Und obwohl nur ein Programm gegen ein anderes ausgetauscht wurde, merke ich, wie wohltuend sich dies auf den eigentlichen Prozess, vielmehr aber auf die Beziehung sowie Haltung zum Text auswirkt.
Neue alte Oberfläche
Es ist keine Neuigkeit, dass sich dieses wolkenverhangene Netz immer stärker zur betriebssystematischen Schaltzentrale des Nutzers entwickelt. Hinein in die Wolken, hinein in die Vernetzung. Der Browser wird und ist folglich Behausung, welche vormals dedizierte – nun aus dem Netz kommende – Programme und Werkzeuge lediglich beherbergt. Nichts Neues.
Damit ist die Verwendung eines Texteditors eine Rückkehr. Die Rückkehr zum Dateisystem und zum Editor ist eine, durch die sich meine leidigen Texte unmittelbarer anfühlen; durch die sie wieder gefühlt näher an meinen Fingern liegen.
Drei Dinge meine ich dafür als Gründe ausmachen zu können:
- Keine Formulare
- Schnelligkeit. Auch die der Tasten
- klare Hierarchie
Der Reihe nach.
Keine Formulare
(Jetzt wird es verträumt-idealistisch. Bitte wegschauen.)
Das txt-Format bedingt es: Für mich gibt es keinerlei Formulare mehr. Keine vorgeschriebenen Felder, die ich brav anklicken und geradezu der Reihe nach ausfüllen müsste. Keine checkboxes die angekreuzt oder radio buttons die angeklickt werden müssten. Erst seit nihil ist mir klar geworden, wie traurig die gängige Dateneingabe des Webs mitunter ist oder zumindest gesehen werden kann. Sie ist in ihrer äußeren Form zutiefst bürokratisch.
Als würde man online gehen und sich sofort in irgendeine Verwaltungsinstitution versetzt sehen:
Ihre Stimme ist uns wichtig! Bitte füllen Sie deshalb Formular 13 nebst Anhang c in doppelter Ausführung aus und bestätigen sie mit ihrem Klick Kreuz im vorgegebenem Feld ihre Zustimmung zum Einordnen und Archivieren.
Das mag ja aufgrund der äußeren Form des Webs sinnig, gar normativ sein. Für das Schreiben, die Beziehung zum Geschriebenen oder auch nur den Umgang mit Text ist es auf ideeller Ebene doch eher suboptimal; nein, es ist schon mies. Selbst als ich zuvor, noch unter WordPress oder Drupal, die Texte im Editor vorgeschrieben habe, mussten sie freillich immer noch in das Formular übertragen werden. Ein Umstand, der über kurz oder lang wohl immer zur Aufgabe des Editors und zum direkten Nutzen der Formulare führt.
Aus dem (vielleicht mit viel Herzblut) geschriebenen Text, wird derart stets und unweigerlich ein Paket, ein Produkt, eine zu verschickende Ware. In gewisser Weise also ein Bürokratismus von Texten. Die Formulare sorgen schon dafür. Sie sind, wie beschrieben, eine normative Schnittstelle und damit zugleich eine zusätzliche Hürde.
Schnelligkeit. Auch die der Tasten
Eine schlechte Formulierung zwar, aber ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Denn all die Formularverwaltung bedingt mit jener zusätzlichen Hürde ebenso zusätzliche Verzögerungen.
Man füllt diverse Felder aus, klickt Buttons an, schaut, was passiert oder beschaut sich das Ergebnis. Je nachdem wiederholt sich dieses Spiel für unfertige oder zu korrigierende Texte. Der Schreibfluß, der Prozess oder wie man es sonst nennen mag, wird als solcher durch die äußeren technischen Gegebenheiten potentiell zerstückelt. In der guten alten Textdatei gibt es nur die Zeichen. Die Zwischen- oder finale Speicherung, das potentielle Publizieren ist hier 2 zeitgleich gedrückte Tasten nah. Es braucht keine Umleitung, keinen Seitenaufbau oder sonstiges – der Text ist gespeichert und sofort verfügbar. Da ward der Text und da ward er online.
Apropos Geschwindigkeit: An das flinke nihil habe ich mich inzwischen so sehr gewöhnt, dass die Ladezeiten von WordPress- oder Drupal-Installationen selbst auf Einzeleintragsseiten im Allgemeinen von mir als fast schon ärgerlich lang empfunden werden.
klare Hierarchie
(Das wird ziemlich Meta. Also bitte wieder wegschauen.)
Etwas, dass mir erst die Tage auffiel, ist die recht sublime Wirkung der Hierarchie des Dateisystems auf die eigene Beziehung zu den Texten. Sie erscheinen dadurch gegenständlicher und greifbarer, meine ich. Die jeweiligen Adminseiten zur Erstellung neuer Einträge in sonstigen Systemen kommen (von der Textseite aus betrachtet) kontextlos daher. Diese Seiten werden aufgerufen, man tippt oder kopiert in ihre Formulare, klickt Buttons – das war es. Das ist in Ordnung so, daran ist nichts auszusetzen.
In nihil „begehe“ ich bis zu einem gewissen Punkt vor dem Speichern oder Erstellen einer txt jedoch den gemeinsamen Pfad der Inhalte:
Ich sehe Ordner, die Jahre repräsentieren.
Ich sehe Ordner, die Monate repräsentieren.
Ich sehe Ordner, die Tage repräsentieren.
Ich sehe vielleicht andere Dateien darin.
Jeder Ordner symbolisiert dabei vorhandene, ältere Texte. Wenn man so will, begehe ich – um es mit Illich zu sagen – geradezu den Weinberg meiner Texte. Schreite an den einzelnen Reihen vorbei und kann kurz an ihnen entlangblicken, bevor ich vielleicht eine weitere Pflanze setze oder eine neue Reihe anlege.
Das mag vielleicht zu abgehoben klingen, möglicherweise ist es das auch. Aber ich bin davon überzeugt, dass in dieser Umgebung ein anderes Textverständnis und eine andere Beziehung des Autors zu seinen Texten besteht, als dies in den kontext- und umgebungsfreien Formularen der anderen Systeme der Fall ist.
Dort werden Texte eingegeben und versinken geradezu für den Schreibenden in der Datenbank. Einzig durch das Frontend sind sie mehr oder weniger gegenwärtig.
Hier sind Texte nicht allein im Frontend stets mehr oder weniger im Blick; in meiner Gegenwart.
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