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Up in the Air

Ryan Binghams ist professioneller Downsizer. Er feuert massenhaft Leute für die Bosse, die nicht selbst "genug Eier in der Hose haben". Ryans Arbeit bedeutet für ihn Ungebundenheit. Heute hier, morgen dort - er lebt in Flugzeugen, an Flughäfen, in der Welt der Hotels und ihrer kleinen, portionierten Pflege-Accessoires. Auf Motivationsseminaren zelebriert er zusätzlich sein Leben der Ungebundenheit als erstrebenswertes Ziel.

Auf der einen Seite also Binghams Job, auf der anderen sein Charakter, ein reisender Einsiedler, der ohne bedeutende und tiefergehende Beziehungen und Bindungen durchs Leben fliegt und seine Erkenntnis. Der Versuch Anschluß zu finden; der Realität steigender Einsamkeit entgegenzutreten.

Der Reiz besteht in der Kontrastierung beider Lebenswelten Binghams, ohne diese sich wirklich vollends berühren und aufeinander einwirken zu lassen. Als Charakter zieht Ryan keine pathetischen Konsequenzen aus seiner Geschichte, ergibt sich stattdessen seinem Schicksal nach dem so misslungenen und für ihn mutigen Bindungsversuch. Versucht. Fehlschlag. Weiter. There's no classic happy ending.
Zugleich ist diese reizvolle Situation jedoch der Grund, warum vom Film nicht viel im Kopf des Zuschauers verweilt.

Die Weite des Films wirkt, als sei sie vernachlässigt worden. All die zahlreichen kulturellen Beobachtungen wirken lediglich gestreift; als Beiwerk.
Trotz aller Lobeshymnen lässt mich Up in the Air als Zuschauer mit einem schalen Gefühl der Unzufriedenheit zurück.

I thought I was a part of your life.

Ryan Bingham. Up in the Air.

~ Am 10.02.2010

~

Thierry #

Ich empfehle das Buch. Komplett andere Geschichte mit anderen Charakteren und einem ganz anderen Ryan Bingham. Und besser. :)

fym #

Ich hatte mir die Zusammenfassung des Buchs nach dem Film durchgelesen und dachte nur: "Super, schon wieder so eine seichte Adaption". Das Buch scheint da schon mehrere Stufen dunkler gefärbt zu sein. Merci für die Empfehlung, es sei hiermit auf die Leseliste gesetzt.

Ich hab bisher nur das Beste über den Film gehört.
Und jetzt sehe ich auch noch das Beste. Grandioses Design. Und der Kampf mit Jquery hat sich doch gelohnt.

Thierry #

Ich mag den Film durchaus. Nur, er basiert halt nicht auf dem Buch, sondern hat sich nur den Titel und den Namen des Hauptcharakters ausgeliehen. Das Buch ist sehr, sehr anders. Hat mehr Tiefgang und einen unsympathischeren aber menschlicheren Ryan. Und macht mehr Spaß.

Die Unterschiede sind nicht nur kleine Details, sondern die Hauptmerkmale der Geschichte. Im Buch kündigt Ryan seinen Job, er hat eine Exfrau, er nimmt Drogen aber trinkt nur Milch, die Mitarbeiterin gibt es im Buch gar nicht (Alex kommt aus Salt Lake City, ist 28 und nicht verheiratet, Ryan fragt sie das nur einmal im Witz), seine Schwester kriegt vor der Hochzeit kalte Füße und er muss sie quer durchs Land zurück zu ihrem Verlobten fliegen. Ryan hält NIE die gleiche Rede zweimal (im Gegensatz zum Film, wo er ständig das selbe Zeug säuselt). Und die Million Meilen will Ryan aus purer Rache an der Fluggesellschaft die ihm sein Leben vermiest, nicht aus Loyalität oder Stolz.

fym #

@Thierry: Ich fand den Film ansich auch sympathisch, nicht falsch verstehen. Er ist gute Unterhaltung, er ist gut inszeniert und hat die Aufmerksamkeit und Kritiken, die er bisher bekam, mit Sicherheit verdient. Allein, je mehr ich über ihn nachdenke, umso unzufriedender und weniger konsequent fühlt sich sein Gesamtkonzept, dessen Ergebnis, für mich an. Wenn diese nicht zufriedenstellende Inkonsequenz beabsichtigt war - es würde ja zum Aspekt der in ihm dargestellten entfremdeten Lebenswelten passen - dann will ich nichts gesagt haben. Ich kann mich nur nicht gegen den gegensätzlichen Eindruck wehren…

@ben_: Merci. Und der innere Zwang hat sich zwischenzeitlich wieder blicken und mich nochmal mit jQuery kämpfen lassen. Nun sind hoffentlich ein paar Kommentar-relevante Dinge ausgebügelt bzw. praktischer (Navi und vor allem längere Kommentare beispielsweise).