auch schlafen ist eine form der kritik

»Das ist Deutsch- hier«

Ich finde ja seither die leicht schizophrene Existenz von mit der Kultur beauftragten Anzugträgern in einer vermeintlich aufgeklärten Gesellschaft faszinierend. Also solcher Menschen, welche höchstoffiziell zuständig für Kultur oder eben damit beauftragt sind. Denn Kultur und Kunst sind natürlich Dinge, die gefühlt verklausuliert, geordnet und in ihrer Ordnung gerichtet werden sollten. Und diese gelebte Schizophrenie gipfelt nicht einzig in lakonischen Begriffen wie „Kulturpolitiker“. Ich muss jedenfalls nicht nur dabei immer schmunzeln. Gut, das sei, wie es ist. Jedenfalls gibt es dementsprechend eine „für Kultur zuständige Arbeitsgruppe der künftigen Koalition“, welche…

Union und FDP wollen das Grundgesetz ändern. Die für Kultur zuständige Arbeitsgruppe der künftigen Koalition hat sich Berichten zufolge dafür ausgesprochen, die deutsche Sprache und Kultur in die Verfassung aufzunehmen. Aus der Opposition gibt es Signale der Zustimmung.

Schwarz-Gelb will deutsche Sprache im Grundgesetz festschreiben (SpOn)

Dort soll nun also – im tief schwarzgelben Willen – stehen: „Die Sprache der Bundesrepublik ist deutsch.“ Das ist löblich. Ein Vorhaben und Geschenk von ADHS-gebeutelten Menschen für ADS-Betroffene. Man muss sich selbst darauf hinweisen, dass man in Deutschland offiziell… na, wie heißt das doch gleich? Na, dass man- dass man… Verdammt, ich schaue das jetzt auf der Wikipedia nach.

[2 Stunden später, nachdem ich Artikel zur Gebietskörperschaft, Weimarer Republik, Bulgarien, Naturgeistern und Esoterik gelesen habe und mich an die ursprüngliche Motivation meines Besuches erinnere]

Also, dass man Deutsch spricht. Hier! Sicher ist sicher, manch einem Mitbürger war das bisher möglicherweise doch noch nicht bewusst. Und für die Skeptiker halten sie fest:

Kulturpolitiker betonen in diesem Zusammenhang, dass damit keine andere Sprache diskriminiert werden soll, es sei aber ein eindeutiges Bekenntnis zur deutschen Sprache.

Mit der Kultur beauftragte Politiker (Motto: You gotta do, what you gotta do!) versichern also, dass es nicht diskriminierend sei, wenn man nun endlich die deutsche Sprache explizit in das Grundgesetz aufnehme. Und Recht haben sie. Es nicht diskriminierend, es ist traurig. Eine traurige, kraftvolle Auskunft darüber, welche (echte oder berufsbedingte) Furcht diese mit Augenklappen versehenen Berufler im Allgemeinen so bewegt.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Am Ende bleibt es eine krude Mischung aus NationalKulturstolz und formellem Ausdruck des seit Jahrhunderten gängigen Gespenstes vom Sprachverfall. Und was macht die Opposition? Die nickt eifrig koalierend im Rhythmus, um sich zumindest keine Vorwürfe oder Unterstellungen anhören zu müssen. Deutsch in Deutschland – wer sollte da schließlich etwas dagegen haben?

Beim Gedanken daran, wieviel ursprüngliches Unverständnis gerade bei denjenigen vorhanden zu sein scheint, die politisch-verordnete Kulturverwaltung und suggerierte -lenkung betreiben, kann es einem durchaus schaurig-warm ums kulturelle Herz werden. Den Effekt haben Stichwunden bisweilen.


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