auch schlafen ist eine form der kritik

„Von der Leyen und Heine im Gespräch“ oder: Von der Leyen im Monolog, Heine auch dabei.

Wo beginnt Zensur im Netz? Internetaktivistin Franziska Heine und Familienministerin Ursula von der Leyen streiten über die Stoppschilder vor Kinderpornoseiten

Netzsperren –
„Ihnen ist egal, was wir denken“ (Zeit Online)

Dickes Ding für Die Zeit. Die weiß das auch und reißt ihren „dokumentierten“ Streit zwischen von der Leyen und Heine auch genau so an. Schließlich ist es für mediale Inszenierungen immer günstig, wenn man über die eigentlichen Standpunkte hinaus, sozusagen in ausbleibender Stellvertretung für diese, zwei Galionsfigur stilisieren kann.

ZEIT ONLINE: Frau von der Leyen, Frau Heine, in den letzten Monaten haben Sie eine Art Fernduell geführt. Heute reden Sie hier in der ZEIT zum ersten Mal miteinander […]

Falsch. Die beiden Figuren reden nicht miteinander, sie reden nacheinander. Und Heine spielt gezwungenermaßen die Rolle des zu belehrenden kleinen Kindes, stellt im Prinzip nur das kleine Fähnchen dar, welches sich dem rhetorischen Winde von der Leyens ergibt und notdürftig darin umherflattert.

Wie es schon beim ersten Punkt – die Sperrlisten ansich, ihre Richtigkeit – anfängt, so (ver)läuft es auch im weiteren Gespräch. Heine merkt richtigerweise an, dass die an die Öffentlichkeit gelangten Sperrlisten anderer Länder ungewöhnlich viele Seiten enthielten, deren Inhalte nichts mit [Totschlagargument] gemein hätten und stellt die Frage, wie man dann behaupten könne, „die Ergebnisse aus anderen Ländern seien ermutigend“? Das wäre ganz einfach, entgegnet von der Leyen daraufhin. Indem sie anführt, diese Listen seien ja ohnehin veraltet gewesen, daher kein „wirkliches Argument“, schiebt aber sofort als weiteres Pro-Argument (und gewollt abschließend) die zustimmenden Aussagen jener listenführenden Länder mit den Hinweis an, dies alles sei ja „ein wichtiger Baustein, gerade bei der Prävention“ und schließt mit einem hanebüchenen Vergleich sowie einer wenig subtilen Variante der „Internet darf kein rechtsfreier Raum sein“-Phrase.

Und was macht Heine? Durchschaut sie den Kniff und lässt sich diskursmäßig nicht herum- und vorführen? Bleibt sie beim ursprünglich angesprochen Punkt? Weist sie nun darauf hin, dass ein „Die Listen sind alt. Die können nicht als Argument dienen“ ja selbst kaum als leidiges Argument durchgehen kann? Nein. Natürlich nicht. Sie lässt sich von all dem ablenkenden Gequatsche und der dahinterstehenden Rhetorik vereinnahmen und entgegnet: „Das hat niemand bestritten.“

Versagt. Auf ganzer Linie. Leider. So geht es dann auch größtenteils im Verlauf des „Gespräches“ weiter. Von der Leyen stilisiert sich mit ihren langen und thematisch umherspringenden Aussagen als wissende, den Überblick habende Instanz, während sich Heine mehrheitlich zur Stichwort und Ein-Satz-Antwortgeberin degradiert sieht. Sie führt hier und da einige wichtige Punkte an, aber das alles stets kontrolliert von der ihr gegenüberstehenden rhetorischen Rädelsführerin. Klar, es ist schwierig, mit (und vor allem mit Bezug auf) jemanden zu diskutieren, der eine solche Rhetorik an den Tag legt. Aber gerade dann darf man sich nicht in diese einspannen lassen. Man muss den Kurs halten und sich nicht in solche kurzen rhetorischen Sackgassen treiben lassen.


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