auch schlafen ist eine form der kritik

Medienleute, die es verstanden haben. Oder es glauben. Heute: Peter Kloeppel.

„mobil“, das Magazin der Deutschen Bahn, ist unverzichtbare Hilfe auf Bahnfahrten. Man kann es als Schreibunterlage verwenden. Oder als behelfsmäßigen Wischlappen, wenn doch einmal etwas vom teuren Automatenkaffee daneben gegangen ist. Auch hat man schon gehört, dass einzelne Seiten in der Not erfolgreich als Taschentuch eingesetzt werden konnten. Eben ein unersetzbarer kleiner Helfershelfer.

Wagt man es dann doch einmal, darin zu blättern und überspringt dabei die offensichtlichen Anzeigenseiten, gelangt man hin und wieder an als Artikel verkleidete Gefälligkeiten. Beliebt und als Aufmachertitel gehen Portraits immer. In der aktuellen Ausgabe wird RTL-Anker Kloeppel nach vorne geholt und darf als journalistische Koryphäe liebenswert, harmlose Fragen beantworten. Und bei einem Titel wie „Fernsehen ist wie ein elektronisches Lagerfeuer“ nebst dem Anreisser, Kloeppel würde was zur „Konkurrenz von Twitter, YouTube & Co“ sagen, verweilt der internetaffine Bahnkunde. Und bevor Peter Kloeppel mit diesem Internetkrams anfängt, klärt er erstmal grundlegende Dinge hinsichtlich RTL aktuell. Bodenständiges in wenigen Sätzen, in verkürzter Form also Bodensatz:

[…] Aber es gibt ja kein Gesetzbuch, das den Politikanteil einer Nachrichtensendung festlegt. Daher finden bei uns auch Verbraucherthemen, Sport-, Gesundheits- oder Jobthemen statt.

Das heißt, Politik überlassen Sie lieber der „Tagesschau“?

Das heißt, dass wir sehr genau selektieren, was wirklich wichtig ist in der Politik. Nicht jede Aussage eines Politikers, der mal wieder gern in die Medien möchte, muss bei uns vorkommen.

Kann aber. Muss halt nur genug Unterhaltung bieten, nicht? Optionen offenhalten. Da dieses Selbst- und Sendungsverständnis nun geklärt ist, kann Kloeppel auf die Frage, wie man junge Zielgruppen, deren Leitmedium bei der Informationssuche inzwischen das Internet ist, nun erreichen möchte, kurzerhand weg-, um- und ausdefinieren:

Indem wir ihnen im Fernsehen das bieten, was ihnen kein anderes Medium bietet. Wir wissen, was sie von uns erwarten: ein vernetztes Denken und dass wir nicht aus der Vogelperspektive berichten, sondern in ihre Lebenswelt eintauchen und jene Fragen beantworten, die sie sich tagtäglich stellen.

Er meint hier vermutlich solche Berichte wie „Außer Rand und Band. So unterschiedlich feiern die Männer in ganz Deutschland den Vatertag“. Ganz nah, mittendrin und eben jene bohrenden Fragen anpackend. Der Vogel ist gelandet.

Und als Beweis der Richtigkeit dieses Abtauchens führt Kloeppel mal eben die Samstagabende an, wenn er sich mit mehreren Leuten „vor den Fernseher setz[t] und eine Sendung wie ‚Deutschland sucht den Superstar’“ (immer im Dienste seines Senders, löblich) anschaut und es selbst erlebt. Aber was erlebt er da nur selbst?

Dieses Verbindende kann man vor dem Computer nicht erleben. Fernsehen bringt Menschen zusammen. So kann man gemeinsam lachen, gemeinsam weinen, sich gemeinsam aufregen und so etwas gemeinsam erleben. Fernsehen ist wie ein eletronisches Lagerfeuer. Man kommuniziert.

In der Tat. Der gemeine Internetnutzer sitzt schließlich in Unterwäsche allein in seinem Sessel vor dem Rechner, in der linken Hand eine Flasche Bier und in der rechten die einsame Maus. Schon traurig, diese vereinsamte und unkommunikative Spezies namens Internetnutzer. Aber nicht verzagen, für diese kümmerlichen Existenzen besteht Hoffnung.

Das machen die jungen Leute auch – in sozialen Netzwerken wie Facebook oder StudiVZ …

Es mag sein, dass die jungen Leute es in einer bestimmten Phase ihres Lebens interessanter finden, in sozialen Netzwerken zu kommunizieren. Aber der Reiz dieses Neuen nimmt irgendwann ab. Irgendwann, vielleicht mit 15 oder 20 Jahren, haben sie genug gechattet – vielleicht, wenn sie anfangen zu arbeiten. Mit dem Eintritt in eine neue Lebensphase bevorzugen sie dann wieder die klassischen Medien.

Puh, gerade nochmal gutgegangen, klassische Medien. Ganz ruhig. Alles wie bisher. Das ist nur pubertäre Spielerei, dieses Internet-Ding. Wird bestimmt bald abgeschaltet. Ohne Auswirkungen das Ganze. Die jungen Dinger stoßen sich einfach nur die Hörner ab und fallen anschließend wieder in den Schoß der alten Dame.

Was ist aber mit Informationskanälen wie Twitter, YouTube oder Google News, die filtern ja immerhin nach persönlichen Interessensgebieten? fragt das Anzeigenblatt und Kloeppel hat den Durchblick:

Erst mal muss man sich die Frage stellen: Wie viele Leute machen da tatsächlich mit? Wie viele Menschen in Deutschland bekommen ihre Nachrichten wirklich über Google News? Wie viele twittern? Das ist ein verschwinden geringer Anteil. Das überschätzen wir Journalisten gern.

Status quo ist Status quo ist Status quo ist… Was? Status quo ante– was, was ist das? Was für eine Rolle spielt das bitteschön?

Überhaupt steht für Kloeppel die Wertigkeit aller Dinge felsenfest. Die Dinge, die man „in [sic] YouTube“ anklickt, „sind die verrückten Sachen“. Wer aber „dauerhaft professionellen Content sucht, vertraut den professionellen Machern“.

Genau. Ich will ja nicht wirklich Hinz und Kunz in diesem YouTube-Dingens dabei zuhören und -schauen, wie sie sich über die Hitze beschweren. Direkt publizierter Content, subjektiv, ad hoc und mitten aus dem Leben dieser Menschen, das ist nicht meine Lebenswelt. Die will ich mir bei RTL aktuell von professionellen Menschen, wahrhaft professionell aufbereitet, beschreiben lassen.

Wo kämen wir denn sonst auch hin?


2 Antworten

  1. Hihi! Über genau das Interview hab ich mich die Tage schon mit Thomas im Zug beömmelt. Besonders schön fanden wir den Titel den die Mobil ihm auf der Titelseite verliehen hat: Der Welterklärer.

  2. fym

    Wie ich beim neuerlichen Blick ins Anzeigenblatt festgestellt habe, wundert es mich doch sehr, dass es bisher kein dbmobilblog.de gibt. Wäre nicht besonders aufwändig, das Teil einmal im Monat zu zerpflücken. Gut, wohl auch nicht besonders lustig.

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