auch schlafen ist eine form der kritik

Im Bundesfamilienministerium

Im Bundesfamilienministerium – und nicht nur dort – ist man bekanntermaßen versessen darauf, bundesweit den Access-Providern ein Sperrsystem zu verpassen, dass den Zugriff auf kinderpornographische Webseiten mittels Blacklist blockiert. Als Vorbild wurden und werden dabei immer Länder wie Norwegen, Schweden, Dänemark, Südkorea, die Schweiz ect. benannt. Kritik und Gegenstimmen jedoch sind stets für von der Leyen, Schäuble und Gefolge kein Thema. Selbst solche kritischen Stimmen, die sich unmittelbar nicht mit Bedenken zur Rechtsstaatlichkeit, zur technischen Sinnlosigkeit sowie zum folgenden Aufbau einer übergreifenden Zensurmaschinerie, befassen, sondern schlicht feststellen, dass diese angeführten Listen löchriger nicht sein könnten und zudem Seiten einschließen, welche dort eigentlich nicht hingehören.

Nun ist die dänische Sperrliste gegen Kinderpornographie bei Wikileaks aufgetaucht und wurde entsprechend verlinkt. Auch von deutschen Blogs, was die hiesigen Ermittlungsbehörden in Durchsuchungslaune gebracht haben soll. So wurde, laut lawblog, vor einigen Tagen jemand mit einer Durchsuchung beglückt, der auf seiner Webseite lediglich auf ein Blog verlinkt hatte, welches wiederum selbst auf die bei Wikileaks veröffentlichte dänische Liste verwies. Darüberhinaus wird mittlerweile wohl gegen den Betreiber jenes Blogs wegen „Verbreitung von Kinderpornographie“ ermittelt. Ein Anfangsverdacht für die Hausdurchsuchung der erstgenannten Person sei angeblich gegeben, da der Betreiber wohl „einschlägig vorbestraft“ sei (was immer das nun auch konkret heißen mag).

Wer sich heutzutage immernoch bei kritischen Gesetzgebungen von suggeriert-beruhigenden Hinweisen und Phrasen wie „notwendige richterliche Vorbehalte“, „einen ausreichenden Anfangsverdacht“, „Verhältnismäßigkeit“ und Co. blenden lässt, dem ist wohl einfach nicht mehr zu helfen. Verhältnismäßigkeit muss mehr als nur Tugend, mehr als nur sprachliche Floskel, sein. Es muss für die Zukunft ein unabdingbares und unumstößliches Dogma sein, wenn das alles noch etwas werden soll. Schließlich heißt das Netz nicht ohne Grund genau so.


2 Antworten

  1. Klausimausi

    Das ist so nicht ganz richtig, denn tatsächlich gab es gute Gründe für eine Strafverfolgung:
    http://www.carechild.de/news/aktuelle_news/erneute%5B…%5D

  2. In der Begründung zur Durchsuchung wird einzig die Verlinkung benannt und davon ausgehend abstrahiert, dass der Beschuldigte – da dieser sich „vor Verlinkung des Artikels dessen Informationsgehalt zu Eigen gemacht“ habe – „somit auch kinderpornographisches Material zumindest im Cache [seines/ihres] Computers gespeichert hat“. Wenn das als monokausale Begründung in Zukunft ausreichen sollte, dann gute Nacht.

    Die Erwähnung des „einschlägig Vorbestraften“ soll dann außerdem was bedeuten? Das man als Vorbestrafter (auch als „einschlägiger“) weniger Rechte hat?

    Es geht mir (und anderen) einzig um die Herleitung und Begründung dieser Durchsuchung und die ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand, mit Verlaub, ein wenig haarsträubend und bedenklich. Punkt.

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