auch schlafen ist eine form der kritik

Niveau sucht Pietät

Screenshot – sueddeutsche.de

… fragt der Moderator des qualitativ-sondierten Kommentarbereichs im SZ-Artikel zum Tode einer 49-jährigen Frau in einem New Yorker Krankenhaus. Diese wartete wohl seit fast 24 Stunden in der Notaufnahme auf ein freies Bett, als sie zu Boden fiel und anschließend verstarb, ohne das einer der Anwesenden vorher oder währenddessen einschritt. Ein Leser stellte kommentierend die Frage, ob denn sowas auf SZ online gehen müsse. Ob man bereit sei, sich „für ein paar Klicks […] auf Niveauhöhe 0 NN“ zu begeben, was zu der obigen Reaktion des Moderators führte.

Für diesen scheint also alles im grünen Bereich zu liegen. Und Recht hat er ja, da gibt es keine ungewohnten Auffälligkeiten. Es ist einer dieser typischen „Artikel“: Ein Skandal. Schreckliche Geschichte, schreckliche Details– den knackigen Teasertext gibt es da oben drauf:

Medizinische Mitarbeiter und ein Wachmann einer Klinik in New York haben dem Tod einer Patientin zugeschaut.

Und weil man freundlicherweise von AP, Reuters und wie sie nicht alle heißen, die passenden schrecklichen Bilder geliefert bekommt, darf der Leser — man muss ja das digitale Medium nutzen, nicht wahr? — gleich selbst zuschauen. Das ist wichtig für die digitale Informationsweitergabe. Aber natürlich schaut der gemeine Leser die angebotenen Bilder nebst Video (das gehört heutzutage schließlich ebenso dazu), nicht „ungerührt“ an. Denn der Leser ist betroffen. Das ändert alles, man darf die Hände in Unschuld waschen.

Allerdings muss man der SZ bescheinigen, dass sie nicht das potentielle Optimum herausgeholt hat. Ein einziges Bild und ein Video, dass AP, Räudig und Co. ohnehin in alle Redaktionen verteilt haben? Also bitte, die Kollegen von Spiegel Online haben das besser, pompöser; ja, typischer drauf.

„Kontrollvideo“ — soso. (Screenshot Spiegel.de)

Die bieten nicht nur den griffigeren Titel… nein, die haben noch zusätzlich eine Bildergalerie (fünf Stück an der Zahl) zwischen die AP-Zeilen gequetscht und so, für den interessierten (natürlich auch betroffenen) Leser, diesen „Todeskampf“ weitergehend bebildert. Da können SZ sowie FAZ, nur mit Video, noch etwas für den typischen Hausgebrauch lernen.

Um aber auf die Frage von „Moderator“ zurückzukommen: Ich weiß nicht wirklich, was „germanbureau“ da niveaumäßig aufgestoßen ist. Aber möglicherweise hat er auch gar nicht Niveau schreiben wollen? Vielleicht hat er etwas anderes gemeint und ihm ist das passendere Wort schlicht nicht eingefallen. Wir werden es spätestens nie erfahren, frühestens aber eventuell schon morgen ab 8 Uhr. Wenn er wieder kommentieren darf.


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