auch schlafen ist eine form der kritik

Als noch im Fernsehen gebloggt wurde

Ich habe früher gerne Roseanne geschaut. Und Dharma & Greg. Als dann das Internet mit Hilfe des eigens sauer verdienten Geldes piepsend in mein Kinderzimmer einzog, hat es mich alle möglichen sinnlosen Zusatzinfos wissen lassen. Über eine Newsgroup (Google war ein kleines Licht, altavista meine bevorzugte Suchumgebung und überhaupt fand ich da die minimalistischen Gruppen viel kühler) bin ich dann auch über die Vanity Cards von Chuck Lorre gestolpert. Das waren kurze, nur ein- oder zweisekündige, Texttafeln, die wohl ganz am Schluß der Dharma & Greg-Episoden auftauchten und in denen der Schreiberling über alle möglichen Dinge philosophierte/witzelte/zweifelte. „Wohl“ deshalb, weil man das hierzulande sowieso nicht sehen konnte. Aber durch die Gabe der digitalen Röhren konnte ich einige Transkripte von den Cards lesen. An eine kann ich mich heute noch erinnern:

CHUCK LORRE PRODUCTIONS, #7

I believe that the very act of believing in something causes us to distance ourselves from that thing, thus a duality is created: oneself and the thing in which one believes. Now since we all know that in order to fully understand a thing one must be that thing — walk a mile in its shoes so to speak — it seems obvious that the state of believing in something inevitably causes us to not truly understand that thing in which we believe. This noncomprehension leads to all sorts of difficulties. „I believe in love“ has a better than even chance of leading to divorce, while „I believe in God“ seems to end in variations on the Spanish Inquisition. But — and it’s a big but — if one were love, one couldn’t help but be affectionate and caring towards oneself and others. If one were God, one would act toward all beings and all things as if they were one’s own creations. And that, my friends, is the secret of life in a two-second vanity card. Of course, the secret could also be „Sit, Ubu, sit.“ We have to keep an open mind.

Es war ein Blog im Fernsehen, zu einer Zeit, als Leute — mit diesem Begriff konfrontiert — wohl im besten Falle ein wohlwollendes „Is‘ okay. Was raus muss, muss ja raus…“ entgegnet hätten. Mit der Zeit habe ich die Sache allerdings aus den Augen verloren. War mir dann doch zu umständlich, die spärlich vertextlichen Karten zusammenzusuchen. Und überhaupt musste sich während der teuren Onlinezeit und in jugendlicher Begeisterung über wichtigere, ja gar schon bißigere, mediale Serienspiele ausgetauscht werden.

Umso schöner finde ich es jetzt aber, dass mir obige Karte wieder ins Gedächtnis kam, denn ich sah sie bei einer neueren Serie wieder. Chuck Lorre bleibt sich anscheinend auch in der zwonulligen Welt treu. Ich suchte also erneut ein wenig rum und siehe da — so kompliziert und umständlich wie damals ist das nun alles gar wirklich nicht mehr, mit dem Auffinden. Chuck Lorre hat alle je in seinen drei Serien (Dharma & Greg, Two and a Half Men & The Big Bang Theory) gesendeten Karten online gestellt. Fabelhaft und irgendwie ver-rückt: ein Blog wird nach über 10 Jahren formal zum Blog. Einfach ein wunderbarer Gedanke.


4 Antworten

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  2. „Thou art God.“ Wenn dir nicht nur die Form, sondern auch der Inhalt der Vanitiy Card gefällt, dann lies mal „Stranger in a strange land“ von Heinlein. Wunderbares, öffnendes, beruhigendes Buch.

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  4. Den Heinlein habe ich bisher eigentlich absichtlich immer gemieden. Dafür haben wohl zum einen filmischer Aufguss seiner Starship Troopers und die angelesene Sekundärliteratur zum Buch ganz subjektiv-unfair gesorgt. Aber wenn du das empfiehlst, dann will ich es bei Gelegenheit doch einfach mal wagen. Ist auf dem amazonischen Wunschzettel vermerkt, wenn ich wiedermal ein paar Euronen übrigen haben sollte.

    Danke.

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