auch schlafen ist eine form der kritik

In lärmender Ruhe. In ruhigem Lärm.

Ich sitze auf einem Balkon. Andere Menschen, eine andere Stadt, eine andere Wohnung und ein Balkon, auf dem ich sitze. Vor mir eine erhobene, schmale und gradlinige Neben-, in einiger Entfernung die Hauptstraße. Eine Kreuzung.

Da sitze ich und je tiefer ich versuche, mich in Gedanken einzugraben, desto lauter dringen die Straßengeräusche in meine Ohren. Geräusche werden für mich zu Lärm und ich möchte dem Beton, dem Bordstein, der Straßenbemalung, den Schlaglöchern und den zahlreich fahrenden Autos mit ihren Insassen lauthals zurufen: Was seid ihr eigentlich alle so unverschämt laut? Der Lärm und sein Pegel, sie nerven und reißen mich nun immerwährend fort von meinen Eingrabversuchen. Ich gehe frustriert wieder hinein, in die umrahmte Zelle und verschließe die Tür.

Jetzt sitze ich in meiner Wohnung. Neben der Hauptstraße mit ihrem Beton, ihren Schlaglöchern und den zahlreichen Autos mit ihren vorbeifahrenden Menschen. Ich sitze im Pegel, grabe und schreibe mit äußerlicher Ruhe. Und denke, mich hat dort in der anderen Stadt, in der anderen Wohnung auf dem Balkon, etwas gefunden. Und ich habe etwas erfahren.


Eine Antwort

  1. Und zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort wird davon vielleicht noch mehr zu spüren sein. Und erst die neue Erfahrung in dieser neuen Stadt möglich machen?

    Wer schreibt mein Leben? Es ist nicht nur eine Sammelbox vorgefertigter Aphorismen, die erfahrbar werden. Es ist eine Niederschrift. Eine neue Geschichte, die bekannt vorkommen mag, sich aber hier und jetzt neu erzählt und auch so erleben lässt.

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