auch schlafen ist eine form der kritik

Bauernfänger

Früher stand Eduard Zimmermann, wenn er nicht mediale Mord- und Raubgeschichten aufzuklären versuchte, mit seiner Brille unbeweglich da und sprach mit ernster Mine über Trickbetrüger und deren Machenschaften, bevor er die Kurzfilmchen zum jeweiligen Fall anmoderierte. Die Laiendarsteller rackerten sich ab und der Zuschauer durfte sich währenddessen denken: „Schlimm sowas. Aber schon ein wenig dumm, die Leute. Mir wäre das ja nicht passiert.“ Versteckter Spaß, in ernsten Angelegenheiten. Am Ende der Sendung zeigte man schließlich den eigens gefilmten Betrugsversuch an ahnungslosen Menschen.

Kommt 2008, geht ernste Mine und dargestellter Ernst. Kein Zimmermann mit sympathischer, gefühlt-überdimensionierter, Hornbrille. Stattdessen drei adrett-gekleidete, dezent süffisante, junge Menschen, die wohl auch soetwas wie Schauspieler sein dürften, aber auf jeden Fall furchtbar viel offensichtlichen Spaß bei der Sache haben. Der ehemals letzte Beitrag wird zum gesamten Sendeinhalt. Man ist sich als Pseudomoderator ja nicht zu schade und legt die Leute direkt selbst herein. Und auch wenn man es aufgrund aller Beteiligten sofort meint zu ahnen: nein, alles mit furchtbar Ahnungslosen ganz furchtbar authentisch gefilmt, laut Eigenaussage. Und wenn die Reaktionen der Menschen mal nicht das hergeben, was man für eine quotenträchtige Sendung heutzutage so braucht, dann darf bestimmt einmal nachgestellt und neu aufgenommen werden. Ändert ja schließlich nichts am Wahrheitsgehalt der Grundaussage. Das ist wie bei anderen Qualitätsprodukte von Sat.1 — alles echt authentisch gefilmt. Mit Schauspielern.

Das Ganze schimpft sich dann „Die Abzocker“ und man ist geneigt — in seliger Erinnerung an den leicht biederen Herrn mit Brille — dem Titel aus vollem Herzen zuzustimmen. Auch noch nach einigen Stunden, wenn schon längst andere Aushilfsmoderatoren in die nächtlichen Stunden hineinrufen, ist es klar: der Name, ja der Name ist Programm.


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