auch schlafen ist eine form der kritik

Serienabriss

Ich habe die blöde Angewohnheit während Prüfungszeiten und Zeiten der Ungewissheit ungemein stärker auf serielle Art und Weise zu prokrastinieren. Also wirklich und wahrhaftig Serie-ll. Da wird gnadenlos angeschaut, was vor die Augenlinse gehoben wird. Während dieser Prokrastinationszeit liegt das Blog dementsprechend brach und es wird höchstens an vergänglich-schlechtem Code getippt. Alles, was in dieser Zeit an sonstiger Schreibe noch möglich ist, sind kurze Abrisse über die medialen Linseninhalte. Solche, wie dieser.

Rubicon

Will Travers ist Analyst mit Schwerpunkt auf Mustererkennung in der Denkfabrik American Policy Institute, deren Dienste von diversen Geheimdiensten und Regierungsarmen in Anspruch genommen werden. Als der Mentor Wills unter dubiosen Umständen ums Leben kommt, begibt sich Will auf die Suche nach Erklärungen.

Rubicon ist ein ins Serienformat gebrachter klassischer Verschwörungsfilm. Die Erzählgeschwindigkeit in den ersten Folgen wäre mit gemächlich noch wohlwollend umschrieben: Die Serie lässt sich Zeit, viel Zeit. Loved it. In der Ruhe, in der geradezu hypnotisierenden Behäbigkeit und der wundervoll tristen Atmosphäre liegt der Reiz Rubicons. Soviel Zeit wie der langsamen Enthüllung und den Hintergründen rund um die Verschwörung gelassen wird, so intensiv widmet sich die Serie in ruhigen Bildern ihrem Protagonisten sowie allen Charakteren. Das ist entschleunigte Erzählung, wie sie meinen momentanen Geschmack trifft. Man wird die Geschwindigkeit über kurz oder lang wohl anziehen müssen, aber bis dahin – süße Entschleunigung.

Sherlock

Wenn Steven Moffat nicht an Doctor Who werkelt, modernisiert er mit Vorliebe klassischen Stoff, bringt das Ganze dann mit verkürztem (und fokusiertem) Titel heraus und hat seinen Spaß damit. Nach Jekyll nun also Sherlock. Anders ausgedrückt:

Holmes und Watson sind im Jahre 2010 angekommen.

Die Übertragung ist denn auch zum großen Teile gelungen. Watson kehrt nun eben als Arzt aus Afghanistan zurück, während seine Verletzung (die ursprüngliche Bein- statt einer Schulterverletzung) eher psychosomatischer Natur ist. Holmes nutzt alles an moderner Technik, was ihm bei seinen Fällen hilfreich sein kann; sein bisweilen auftretender Kokain- bzw. Heroin-Konsum wurde mit der gleichzeitigen Anwendung mehrerer Nikotinpflaster ersetzt; darüberhinaus definiert sich Holmes in Sherlock selbst mehrere Male als „high-functioning sociopath“. Seine Art, die Hintergründe des Falles in langem Expositionsmonolog darzulegen wird dann auch kurzerhand von ihm in einem Moment der Meta-Referenz als für ihn befreiender Gedankenprozess charakterisiert, der zudem seiner Eitelkeit schmeichelt. Moriarty ist in Sherlock der große Widersacher, welcher im Hintergrund die Fäden zieht und in der letzten Folge seinen Auftritt hat.

Die richtigen Darsteller, ein genehmes Spiel mit den Grundlagen der Charakterer und ihrer Situationen – Sherlock hat gefallen. Aus 3 90-minütigen Folgen besteht diese erste Mini-Staffel, eine weitere des gleichen Umfangs soll 2011 folgen. Gerne doch.

Terriers

Ganz frisch und momentan nur mit Gewicht von 2 Folgen. Produziert vom ehemaligen Macher von The Shield, ist die Serie im Grunde eine der zahlreichen police bzw. crime procedurals. Protagonisten sind hier zwei Tagediebe, Hank und Britt, die sich als PIs ohne Lizenz versuchen und ihre Fälle aus teils ziemlich niederen Beweggründen lösen.

Die Serie versucht in ihrer Konzeption gegen den Einheitsbrei anzugehen. Hank und Britt sind bei weitem keine eherne Helden, sie kriegen bisweilen in ihren Unternehmungen gehörig in die Fresse, sind in der rauhen Realität verankert und nehmen das Leben trotzdem mit einem Körnchen Zynismus, Humor und Intensität. Loyalität und Aufrichtigkeit kennen sie nur einander und ihren Freunden gegenüber und Hartnäckigkeit nur in Bezug auf das, was sie machen. Hank und Britt sind Hunde. Verbissene Terriers eben.

Was die Serie nach nur 2 Folgen schon funktionieren lässt, ist die grandios geschrieben sowie gespielte Verbundenheit beider Protagonisten. Da wird nichts über-spielt, aber auch nichts unter Wert verkauft. Das hat den Pilot geradezu klicken lassen – die Beziehung beider scheint so verspielt und doch so echt und tief verwurzelt, dass man als Zuschauer sofort meint, beide schon lange zu kennen. Donal Logue (Hank) ist als Darsteller in meinen Augen ohnehin der Lebowski-Typus – ein Dude dem nicht einmal ein richtig schlechtes Drehbuch seinen Charme versauen könnte. Michael Raymond-James (Britt) war mir bisher nur als Bösewicht aus der 1. Staffel True Blood ein Begriff und auch er schafft es problemlos in Terriers als liebenswerter Tunichtgut zu glänzen. Bei den Skripten bisher auch wahrlich kein Wunder.

Danke, Prokrastination. Anschauen.

Modern Family

Die Nomminierungen und Gewinne bei den 2010’er Emmys haben wohl dafür gesorgt, dass ich der vorher unbeachteten Serie eine Chance gegeben habe.

Und im Grunde ist Modern Family wirklich unterhaltsam, kurzweillig und bisweilen witzig. 3 Familienverbände in Verwandschaft werden im Mockumentary-Format begleitet, Einzelinterviews als kontrastierendes Element zwischendurch eingestreut. Das Ganze, abgesehen von diesen zwischendurch eingeschobenen „Sit-Downs“, erinnerte mich beim Anschauen stark an das geliebte Arrested Developement. Klarer Lichtblick im Ensemble ist der 12-jährige Rico Rodriguez II, der Manny Delgado spielt – einen 10-Jährigen, der schon viel zu erwachsen für sein Alter ist und von den Drehbuchautoren beständig mit den besten Zeilen versorgt wird.

Gerne mehr davon.

Human Target

Christopher Chance bietet nach wenig ruhmreicher Vergangenheit als reformierter Auftragskiller a.D. nun potentiellen Klienten seinen Schutz an, indem er sich in ihr Leben integriert, zum human target für mögliche Angreifer wird und die Gefahr auf diesem Wege beseitigt.

— Ja, genau so klingt das.

Wieder etwas, dass ich zuvor aufgrund der Beschreibung nicht angerüht habe/hätte, dem jedoch in Prokrastination eine zweite Chance zuteil wurde. Und Human Target ist, wenn sonst vielleicht nicht viel, so doch solide Unterhaltung. Basierend auf einem Comic (und – natürlicherweise – für das neue Medium durch und durch abgeändert) ist die Serie eine wöchentliche Dosis Actionfilm auf ca. 40 Minuten kondensiert. Und soweit es das Genre betrifft, gehören die Drehbücher ins obere Drittel. Die Darsteller (Chi McBride und Jackie fucking Earle Haley!) tun ihr Übriges in diesem unterhaltsamen Mix. Und als (auditiver) Fan von Battlestar Galactica bewirkt der Score der 1. Staffel Human Target vom BSG-Alumnus Bear McCreary wohlige Gefühle

Es gibt kurzum weit schlimmere – viel, viel schlimmere – Arten, seine Zeit sehend zu nutzen. Zum Beispiel mit…

Covert Affairs

In Prokrastinationszeiten wird man auch zum Masochisten. Und solch einer muss man wohl sein, wenn man sich Covert Affairs gibt.

Schreckliches Seriending, das sich den ersten Teil des eigenen Titels hätte zu Herzen nehmen und konsequent umsetzen sollen.


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