auch schlafen ist eine form der kritik

Neue Freunde, keine Schmerzen.

Die Beantwortung der Frage, was der Begriff „Freund“ ausdrückt und wonach sich ein solcher definiert, ist wohl meist mehr oder weniger individueller Natur. Was sich eine Person darunter speziell vorstellt und welche Erwartungen diese an einen Freund stellt, deckt sich womöglich nicht mit der Ansicht einer anderen Person. Nichtsdestotrotz gibt es doch wohl sicherlich ein paar grundlegende, sich überschneidende, Anforderungen.

Ich persönlich habe bisher zum Beispiel immer gedacht, dass man sich – zumindest in unseren Breitengraden – darauf einigen könnte, dass ein Freund eine Sonderstellung innehält. Eine Ausnahme, sozusagen. Jemand, zu dem man den sprichwörtlichen besonderen Draht hat. Eine Beziehung, die es auch einmal verkraftet, wenn der Kontakt für einige Zeit etwas nachlässt; die deshalb zumindest nicht in gewohnter Weise leidet. Das erscheint vielleicht etwas naiv und idealisiert, aber das haben Dinge, die eben nicht die Norm darstellen, teilweise so an sich. Und auch wenn man das nun nicht so sehen mag, denke ich doch, dass man sich auf eine verschwindend kleine Differenzierung einigen können sollte: Es gibt einen Unterschied zwischen Bekanntschaften und Freund(schaft)en.

Nun könnte man aber, Web 2.0 und den damit aus den Boden geschossenen social networks sei Dank, meinen, dass beides im Prinzip das Gleiche ausdrückt. Eine Umpolung des Begriffes. Momentan sehe ich dieses Fortschreiten wunderbar beim studivz. 45 bis weit über 100 „Freunde“ sieht man da bei manchen Leuten im Profil stehen — und kann sich diese, der kleine Voyeur im Herzen dank es ja irgendwie, auch gleich anschauen. Und während ein jeder dort Freunde sammelt, wie ich 2 Cent Stücke in meiner Brieftasche, frage ich mich, ob ich überhaupt soviele Leute kenne. Wenn sich dann auch noch von einer Person aus meiner Schulzeit, mit der ich nie Kontakt hatte (umgekehrt sicherlich noch weniger) und die ich gerade einmal anhand ihres Profilbildes einigermaßen einordnen kann, eine „Freundschaftseinladung“ in den digitalen Briefkasten verirrt – spätestens dann hoffe ich vergeblich, dass dies alles nur besonders schwere Fälle von Sentimentalität sind. Vergeblich, wie gesagt.

Was bringt mir das?“ trifft es da schon recht gut. Zum Glück lässt die auf der Seite stehende Beantwortung vieles deutlicher werden.

Du managest übersichtlich deinen Freundeskreis und kannst dabei viele Zusammenhänge entdecken, die sonst oft verborgen sind. […]

Wenn ich jemals meinen sollte, meinen Freundeskreis managen zu müssen, dann habe ich entweder damit begonnen BWL zu studieren oder weiß nicht mehr, was der Begriff „Freund“ überhaupt bedeutet. Wie auch immer: Man möge mir dann bitte die Kugel geben. Soviel Oberfläche will ich nämlich nicht noch zusätzlich haben müssen.

Doch, wie bei so vielen anderen Dingen auch, gilt ab sofort wohl nur noch: Qualität war gestern, Quantität ist jetzt.


3 Antworten

  1. fym, Du sprichst mir aus dem Herzen. Besonders der vorletzte Absatz ist sowas von zutreffend…

  2. Pingback
  3. Ich glaube, so oft habe ich beim lesen eines Blogeintrages noch nie beifällig genickt…

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